1. Jahrgang, Nr. 9, Seite 8
1. Jahrgang, Nr. 9, Seite 9
1. Jahrgang, Nr. 9, Seite 10

Titelseite / Einführung Inhaltsverzeichnis

An die „Objektiven“

Ihr seid so schrecklich objektiv,
Wenn man euch so hört sprechen
Ja, hör ich euch, rührt es mich tief,
Beinah bis zum Erbrechen.

Ihr beugt euch links und beugt euch rechts
Nach unten und nach oben,
Am Guten findet ihr was Schlechts,
Am Schlechten was zu loben.

Ich seh, der Krieg wird noch gereckt
Und finde es ’ne Sünde
Ihr tut noch Müh! Vielleicht entdeckt
Man hierfür noch die Gründe

Ob dort man tötet, um Verrat
Zu hindern und zu rächen
Ob hier man die getötet hat,
Die für die Freiheit sprechen.

Es bleibt für euch so einerlei
Ihr seht ja nicht die Tiefen
Es lässt euch von Erregung frei:
Ihr seid die Objektiven!

Und ihr seht dort nicht, das was groß
Und da nicht, was Gemeinheit
Und sucht stets, um zu finden bloß
‘Nen Flecken auf der Reinheit.

Ihr seht niemals das große Bild
Ihr seht nur Kleinigkeiten
Findet ihr was, beginnt ihr wild
Darauf herumzureiten.

Ja, objektiv von spät bis früh
Seid ihr auf euren Wegen
Und gebt euch allergrößte Müh
Euch nur nicht festzulegen.

‘Ne Gummischwammmentalität
Ist eure Weltanschauung
Ob auch die Welt zugrundegeht
Stört nicht eure Verdauung.

Ihr wägt stets ab und überlegt
Und seht nur eure Chance
Und hieltet euch gern unentwegt
Politisch in Balance.

Wirds rechts, wirds links, wirds Mitte sein.
Sie trachten und sie hoffen:
Tut man nur Wasser in den Wein
Bleibt uns der Weg wohl offen.

In allen Sätteln wünscht gerecht
Zu sein man und zu bleiben.
Denn sind wir das, geht’s uns nie schlecht
Man kann stets oben treiben!

Die Zeit hat einen weiten Schlund
Verschluckt in ihren Tiefen
Was abbruchreif und ungesund
Und auch die Objektiven.

Transkription: Thilo von Debschitz