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Titelseite / Einführung Inhaltsverzeichnis

Der Führer bei Frau Sybille

(siehe Umschlagsmontage)

Hitler suchte in der Stille
Kürzlich auf die Frau Sybille,
Dass sie aus der Kartenlage
Seine Zukunft ihm weissage.

Mit dem Leibprophet Hanussen
Kann er leider nicht mehr schmusen,
Denn der starb – und das war bös –
‘33 mysteriös.

Dieser Jude war ihm teuer,
Doch sein Tod war nicht geheuer
Und es ist bekanntgeworden,
Dass Graf Helldorf ihn ließ morden,

Völlig heimlich still und leise
Suchte Adolf drum die weise,
Zukunftschwangre Dame auf
Und er nahm damit in Kauf,

Dass er an Prestige verlöre,
Bei dem Volke und beim Heere,
Die bis dato ihn anbeten
Als den größten der Propheten,

Wenn’s auch, sagen wir’s nur offen,
Meistens nicht ist eingetroffen,
Was er ihnen prophezeit,
Wurden sie doch nicht gescheit.

Jedoch Adolf, dieser Knabe,
Scheint von seiner Sehergabe
Selbst nicht allzu viel zu halten,
Ging drum zu der Kartenalten,

Dass sie ihm von seiner Seele
Alles nehme, was ihn quäle
Und genau ihm prophezei,
Was die Nazizukunft sei.

Doch die Alte sagt voll Zögern,
Bang vor Zuchthaus, bang vor Lägern,
Sie sei gänzlich außerstande,
Adolf sprach: Das ist ‘ne Schande,

Stieg ich dafür die fünf Treppen?
Denken Sie ich ließ mich neppen?
Doch die Alte zögert noch:
Denken Sie, ich möcht in’s Loch?

Adolf hat ihr zugesichert,
Dass sie straflos bleibt, sie kichert
Und sie mischte ihre Karten
Und der Führer musste warten.

Formeln murmelt die Sybille
Dass die Zukunft sich enthülle
Und dann sagt sie: Führer, nimm!
Schippe Bube? Das ist schlimm.

Ja, ich sprech frei von der Leber.
Dieses ist der Totengräber,
Er bedeutet Tod, Verderben,
Adolf, du wirst sehr bald sterben.

Über einem kurzen Wege
Drohen dir viel Schicksalsschläge
Und ich rieche Moderduft,
Adolf, du sinkst in die Gruft.

Ja und dieses ist Herz neune,
Freunde hast du beinah keine
Doch dafür umso mehr Feinde,
Und die ganze Weltgemeinde

Wird sehr froh sein und zufrieden
An dem Tag, da du verschieden,
Es begehn ein Freudenfest
Nord und Süd und Ost und West.

Bis das Schicksal dich ereile
Dauert’s nur ‘ne kurze Weile,
Deine Stunde hat geschlagen,
Ganz genau kann ich nicht sagen

Deinen Tag und deine Stunde,
Doch vernimm aus meinem Munde
Dieses schicksalsschwere Wort:
Binnen kurzem musst du fort.

Ganz natürlich war von ihrer
Weissagung geknickt der Führer
Und er ist nach Haus geschlichen,
Wär dem Schicksal gern entwichen,

Doch er fühlt, dass der Sybille
Weissagung sich bald erfülle
Denn das Los nimmt seinen Lauf
Und wir alle warten drauf.

Transkription: Thilo von Debschitz