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Stabschef Nummer Drei: Heinrich Scheppmann

(siehe Umschlagfoto)

Der erste Stabschef war der Röhm,
Der war ein schwuler Knabe
Und Hitler sagte: Trau, schau, wem!
Der Stabschef, den ich habe,

Der liebt noch außer mir den Heyn
Und andre braune Brüder,
Er war von je ein großes Schwein,
Doch dies ist mir zuwider.

Und Röhm starb drum von Adolfs Hand
Kurz, schmerzhaft und sehr plötzlich
Und Göbbels, der daneben stand,
Der fand es ganz entsetzlich.

Wen mach ich nun zum Chef des Stabs
Des braunen Bataillönchen?!
Der Führer sprach’s, hierüber gab’s
Ein kleines Diskussiönchen.

Der Hermann Göring meinte, dass
Der Lutze nicht viel tauge.
Er sagte nämlich: Lutze? Was?!
Der hat ja nur ein Auge

Zwei Augen sehen mehr als eins,
Nein, eins ist nicht viel nutze,
Der Führer sprach: ‘s ist mehr als keins!
Und engagierte – Lutze.

Der Lutze war ein prima Treff,
Und konnte nichts verderben.
Neun Jahre war er drum auch Chef.
Doch danach musst er sterben.

Ich weiß nicht: Hat es Gott gewollt,
War es des Führers Willen,
Hat Heinrich Himmler ihm gegrollt?
Einst wird man es enthüllen.

Auf jeden Fall war Lutze tot,
Das ließ sich nicht verhehlen,
Und Adolf Hitler sprach in Not:
Wen soll ich diesmal wählen?

Nimmt Lohse man, nimmt man den Koch,
Greift zum Ritter von Epp man?
Wen gibt es sonst? Wer ist da noch?
Und schließlich nahm er … Schepmann

Ja, Heinrich Scheppmann hatte Glück,
Spielt nun die erste Flöte,
Er hat ‘nen Basiliskenblick
Und ähnelt einer Kröte

Er ist nun Naziexzellenz,
Sitzt in der ersten Reihe,
Und fährt jetzt im Mercedes Benz,
Jawohl, die Hitlertreue,

Hat sich bis heute gut rentiert,
Schepmann hat nichts zu klagen,
Wohin die ihn jedoch noch führt,
Das lässt sich noch nicht sagen.

Steig ich in die Vergangenheit,
Dann sag ich, Kinder, Kinder,
Du lieber Gott, du meine Zeit,
Da glänzte Schepmann minder.

Ich bin gewiss nicht so borniert,
Um Leuten, die was können,
Die tüchtig sind und talentiert
Den Aufstieg nicht zu gönnen

Doch ist das Herz am rechten Fleck
Die erste Grundbedingung,
Seh ich den Nazibonzendreck,
Kommt mein Gemüt in Schwingung.

Der Mist mimt Aristokratie
Und schwimmt in Deutschland oben,
Zum hohen Tier ward manch Stück Vieh,
Auch Schepmann thront hoch oben.

Was ist ein Jahr? Was dreizehn Jahr?
Dein Jahr nach Jährchen flog um,
Wie heute scheint, und Schepmann war
In Hattingen bei Bochum

Kurz bevor Adolf kam zur Macht
Ein kleiner Volksschullehrer,
Ganz ohne Prunk, ganz ohne Pracht,
Doch er war schon ein schwerer

Und sehr ergebener Hitlermann
Und sowas zeitigt Früchte,
Man fragte nicht, was Schepmann kann,
Die Tatsache genügte,

Die Hattinger Zeit ging vorbei
Schepmann ging plötzlich fort und
Ward Präsident der Polizei
Der Industriestadt Dortmund

Und fragt ihr mich, gelang sie ihm,
Die etwas jähe Wandlung?
Er führte dort ein Mordregime
Voll Schrecken und Misshandlung

Und das gefiel dem Führer sehr
Und drum kam Schepmann weiter
Und wurde mehr und immer mehr
Auf Adolfs Stufenleiter

Der kleine Lehrer von der Ruhr
Hat heut ‘ne andre Klasse,
Ist heute erste Garnitur
Der deutschen Führerrasse.

Der Führer sprach und es geschah,
Dem Nazischaum entstiegen,
Ward Schepmann Stabschef der SA,
Das wird für heut genügen.

Vielleicht denkt Schepmann mal an Röhm,
Und manchmal auch an Lutzen
Und dann wird’s ihm nicht angenehm,
Es legt sich wie Abruzzen

Und Albdrücken auf seine Brust
Und quält in Herz und Nieren
Und nimmt ihm beinah alle Lust,
Ab Stabschef zu fungieren.

Dann weiß er: jeder, der das Armt
Des Stabschefs je bekleidet,
Der ist verflucht und ist verdammt,
Wer Stabschef ist erleidet

‘Nen jähen Tod, der abnormal
Und peinlich ist zu nennen,
Ja solch Gedanke ist fatal,
Das will ich schon bekennen.

Ich geb den Nazis niemals recht,
Das ist so meine Schwäche,
Doch fände ich es diesmal schlecht,
Wenn ich ihm widerspräche …

Transkription: Thilo von Debschitz