3.4.1945, 3. Jahrgang, Nr. 15, Seite 2
3.4.1945, 3. Jahrgang, Nr. 15, Seite 3

Titelseite / Einführung

Befreit!

Fast drei Jahre war’s im Haus
Wie im Vogelkäfig,
Und ich hielt es oft nicht aus,
Fühlt’ mich wie ein Zeisig.

Immer still am selben Ort
War’s mir oft zuwider,
Meldete mich doch zu Wort
Und sang meine Lieder.

Sang von Freiheit und vom Licht,
Nichts wollt ich versäumen,
Hielt den Schnabel ungern dicht,
Sang von meinen Träumen.

Träumte von der neuen Zeit
Und von Friedensbitten,
Träumte von Gerechtigkeit,
Meinen ersten Schritten,

Die ich machte, wenn ich bald
Gehn könnt frei und offen,
Nicht um meinen Aufenthalt
Desperat müsst’ hoffen.

Oft fand ich zu eng den Bau,
Wollt ins Freie fliegen,
Wollte mich im Himmelsblau
Auf den Zweigen wiegen.

Doch ich tat es lieber nicht,
Blieb im Bauer hocken.
Kummer lehrte mich Verzicht,
Bis ich konnt frohlocken.

Dass die Briten mich befreit,
Hat gelohnt das Hoffen,
Verschwunden sind Verdruss und Leid,
Die Käfigtür stand offen.

Gut, dass ich nun gehen kann
Und die Welt erkunden,
Frei sing ich mein Lied fortan,
Frei und ungebunden.

Literarische Übersetzung: Gerd Busse

Mit freundlicher Genehmigung der Aufbau Verlage GmbH & Co. KG, Berlin; die Arbeit der Übersetzer wurde gefördert von der niederländischen Stiftung für Literatur.