30.9.1944, 2. Jahrgang, Nr. 48, Seite 12
30.9.1944, 2. Jahrgang, Nr. 48, Seite 13

Titelseite / Einführung Inhaltsverzeichnis

Der Untergetauchte nimmt Abschied

Mein lieber Gott Neptunus,
Es ist schon ziemlich spät,
Ich spür, dass ich was tun muss:
Der Untergetauchte geht.

Er muss sich vorbereiten
Auf den schon nahen Schluss
Der Unterwasserzeiten.
Du Gott von Meer und Fluss,

Bald wirst du wieder ohne
So manchen Tischgast sein,
Wir steigen auf zur Sonne
Und ihrem warmen Schein,

Um Freiheit neu zu schmecken,
Neptunus, Wiedersehn!
Nach Jahren in Verstecken
Woll’n wir nach oben gehn.

Die Zeit aus Angst und Sehnen,
Sie ist schon bald vorbei,
Was sollen denn die Tränen,
Neptun, auch du bist frei,

Denn viele deiner Gäste
Bist du dann endlich los,
Ist doch für dich das Beste,
Die Last war viel zu groß.

Ich werde dir was schenken,
Von mir ein schönes Bild,
Dann kannst du an mich denken,
Wenn’s deine Sehnsucht stillt.

Das Weinen, Frau Neptunus,
Hat wirklich keinen Sinn,
Es weckt in mir Zynismus,
Geliebte Meergöttin.

Das Unterwasserleben
Habt Ihr uns schwer versauert,
Durch Euch hat es bis eben
Zehnmal solang gedauert.

ʼS ist bald vorbei, ihr Leute,
Das Ziel ist – fast – erreicht,
Als ob uns Freiheit heute
Schon um die Nase streicht.

Literarische Übersetzung: Christian Golusda

Mit freundlicher Genehmigung der Aufbau Verlage GmbH & Co. KG, Berlin; die Arbeit der Übersetzer wurde gefördert von der niederländischen Stiftung für Literatur.