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Transparente

Könnt ihr euch heute noch erinnern,
Wie man euch einst im vorigen Krieg
Als bombensicher hat versprochen
Und hingestellt den deutschen Sieg?

Täglich las man, wir werden siegen,
Doch schließlich lief die Sache fest
Und Deutschland hat den Krieg verloren
Schade, dass ihr so schnell vergesst!

Denn wenn ihr nicht so schnell vergäßet,
Dann würdet ihr Vergleiche sehn
Und würdet es nicht mehr bezweifeln
Dass es auch diesmal schief wird gehn

Dann glaubtet Ihr nicht mehr den Schwindel
Den man euch täglich vor nun setzt,
Darum dächtet ihr: Genau wie damals,
Genau das Gleiche, einst und jetzt.

Gewiss sind da noch Unterschiede
Man war nicht so mundtot wie nun
Nein damals konnte man noch sprechen
Doch wer das wagte jetzt zu tun,

Der fällt zum Opfer der Gestapo,
Der fällt zum Opfer Himmlers Wut,
Und drum hält jeder seine Schnauze,
Und drum ist auch die Stimmung gut.

Die Stimmung ist heut ganz prima,
Soweit man das von außen sieht,
Der Grundton ist, wir werden siegen,
Genau das gleiche, alte Lied.

Man zwingt euch heut’, zu demonstrieren
Und tut ihr’s nicht, ergeht’s euch schlecht
Als Kernspruch prangt auf Transparenten
Sehr kühn und trotzig: Nun erst recht!

Ihr müsst die Transparente tragen
Ist euer Mut auch noch so klein,
Nach außen darf man doch nicht klagen
Ach nein, „Der Sieg wird unser sein“.

Ja, ja, „dem Führer unsere Treue,
Sind auch die Zeiten noch so schwer“,
Doch wenn man könnte, wie man wollte,
Dann trüge man sowas nicht mehr.

Doch so muss man geduldig tragen
Die Transparente und das Leid,
Man trägt den Führer ohne Klagen
Und – wartet auf ’ne bessere Zeit.

Transkription: Thilo von Debschitz