1. Jahrgang, Nr. 5

Zur Einführung

In Waghalsig!(?) berichtet Curt Bloch von einem türkischen Extremtaucher, der eine Stunde unter Wasser ausharren wollte und dieses Vorhaben schon nach einer Viertelstunde aufgab. In der Zeitung habe man diesen Plan als waghalsig bezeichnet, doch im Vergleich mit seiner eigenen Lage hält Bloch diese Aktion für einen Witz. Denn er sei nun schon seit 13 Monaten untergetaucht!

Mit der Canzonetta Italiana stimmt Curt Bloch ein Trauerlied für die Italiener an. Benito Mussolini stecke im Gefängnis, Afrika und Sizilien seien verloren, Hitler habe große Not über das Land gebracht. Der Text endet mit dem Fazit: „Ach, es ist finito, rette sich wer kann.“

Man sah den Duce … ist ein Gedicht, in dem Curt Bloch ikonische Bilder des italienischen Diktators Benito Mussolini vorüberziehen lässt, beispielsweise neben Adolf Hitler beim Flottenmanöver, bei der Ernennung des Königs Viktor Emanuel zum Kaiser oder beim Streicheln von Kinderköpfen. So sei der „Duce“ in vielen Rollen inszeniert worden, nur das Bild seines Abgangs – Mussolini wurde im Juli 1943 gestürzt und inhaftiert – das habe man den Menschen vorenthalten.

Curt Bloch portraitiert Benito Mussolini als Größenwahnsinnigen, der leere Versprechen gegeben und Italien völlig zerstört habe. Im Verlaufe des Gedichts Der Duce arglistig entführt fasst Bloch dann die Ereignisse der jüngeren Vergangenheit zusammen: Der König habe Mussolini in seine Schranken gewiesen und ihn wie einen psychisch Gestörten in einem Krankenwagen abtransportieren lassen. Diesen Plan hätte man schon 20 Jahre früher fassen sollen, findet Curt Bloch.

Drei Wochen vor dem Erscheinungsdatum dieses Magazins starb König Boris III, sein mysteriöser Tod ist bis heute nicht aufgeklärt. Der Zar der Bulgaren hatte sich – trotz seiner Sympathien für Deutschland – dem Nazi-Regime in zwei wesentlichen Punkten verweigert: der Judenvernichtung und der Beteiligung an einem Krieg gegen die Sowjetunion. Curt Bloch glaubt an eine Ermordung des Königs, die man habe vertuschen müssen. Für Adolf Hitler sei nach Benito Mussolini ein weiterer Partner verloren. Hitlers Statthalter in Bulgarien, Bogdan Filow, müsse jetzt den sechsjährigen Sohn von Boris zum König machen. Bloch hofft auf den Tag, an dem der „bulgarische Freiheitsheld“ und „Größte der Bulgaren“ zurückkehren und an die Macht kommen möge. Damit meint er Georgi Dimitroff, der sich seit 1934 im Moskauer Asyl aufhält. 1946 wird Dimitroff tatsächlich bulgarischer Ministerpräsident.

Im Gedicht Mit und ohne Fantasie greift Curt Bloch Vorwürfe von Joseph Goebbels auf, der der englischen Kriegsführung mangelnden Einfallsreichtum unterstellt. Doch die rationale Vorgehensweise der Briten, so Bloch, stehe im Widerspruch zur riskanten Strategie und den Hirngespinsten Hitlers – und sei genau deswegen erfolgreich. Wem dagegen Fantasie fehle, der müsse nur die Berichte der Wehrmacht lesen.

Curt Bloch versetzt sich in die Lage eines Menschen, der sich von Hitler blenden ließ. Er glaubt, dass alles Übel ein Ende nehmen, Deutschland sich in ein Paradies verwandeln, jeder einen Volkswagen fahren und schöne Ausflüge in die fremde Länder unternehmen werde. Doch nun singe man das Lied eines Enttäuschten, man sei hereingelegt worden, der Glanz sei verschwunden. „Unser Reisepreis war unser Blut.“

Auch wenn man gerade den Krieg verliert und die Söhne im Kampf fallen –gemäß Curt Blochs Einschätzung funktioniert Deutschland stur nach dem Motto Keep smiling. Seine Landsleute täuschten den Optimismus nur vor, um ihre eigene Haut zu retten, denn wer Zweifel am Sieg äußere, werde hingerichtet. Dieses äußere Lächeln sei erzwungen wie bei den Frauen einer Showtanzgruppe.

In Nachtwache 1943 gewährt uns Curt Bloch einen Einblick in sein Seelenleben. Er schläft wenig, weil er ständig mit seiner Entdeckung und Verhaftung rechnen muss. Tagsüber fühlt er sich entsprechend müde und abgestumpft. Diese Zeit des Wartens verlange einem viel ab, aber er sieht bereits „die letzten Kriegsnächte, bevor die Freiheit einst emporsteigt.“

Im Verlauf des Ersten Weltkriegs wechselte Italien die Seite und schloss sich den Entente-Mächten (angeführt von Frankreich und Großbritannien) an. Curt Bloch empfiehlt den Italienern, sich getreu der Tradition zu verhalten und die Deutschen erneut im Stich zu lassen. Wenn sie sich mit den Briten verbinden würden, könnten sie für sich eventuell noch etwas retten.

Mit dem Gedicht Der Duce ist los! bezieht sich Curt Bloch auf ein Ereignis aus der Vorwoche: Der inhaftierte Benito Mussolini war am 12. September durch ein Kommandounternehmen deutscher Fallschirmjäger aus seiner Gefangenschaft im Gran-Sasso-Massiv befreit worden. „Erneut ist das Untier frei“, schreibt Bloch frustriert, man habe dessen Exekution verpasst. Doch das Land wolle vom „Duce“ nichts mehr wissen, er sei „eine Marionette an Hitlers Faden“ ohne eigene Macht.

Die Befreiung Benito Mussolinis im Abruzzengebirge ist auch Thema im Text Spielerei. Die Erzählung vom „Husarenstreich“ der deutschen Helden im Kampf gegen hunderte Italiener hält Bloch für stark übertrieben. Er glaubt, dass die italienische Seite aus Kalkül keinen echten Widerstand geleistet habe, da König Victor Emanuel und Ministerpräsident Badoglio sich sowohl mit den Deutschen als auch mit den Alliierten gut stellen wollten. Dieses „königliche Spiel“ könne allerdings bald durch das italienische Volk in Scherben geschlagen werden.