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Generäle

Generaloberst von Mackensen, der letzte große Feldherr aus dem vorherigen Krieg, ist gestern 95 Jahre alt geworden. – 6.12.44

War man General geworden
Trug man manchen prächt’gen Orden,
Hatte Chanc’, ein ohnegleichen
Hohes Alter zu erreichen.

Die gewöhnlichen Soldaten
Sterben oft bei Heldentaten
Oder andren Unglücksfällen,
Ja, sie gehn den Generälen

Stets voran beim Kampf und Sterben,
Weniger beim Ruhmerwerben.
Den Soldat ins Feuer schicken
Und sich selbst mit Lorbeer schmücken

Ist Berufspflicht des Strategen
Und die Welt hat nichts dagegen,
Ehrt in ihm den greisen Krieger,
Sei besiegt er oder Sieger.

Mackensen ward fünfundneunzig
Und ist rüstig, ja er scheint sich
Stark und kräftig noch zu fühlen,
Keine Rolle scheint zu spielen

Dieses hohe Greisenalter
Und vollendet nun auch bald er
In der Tat ein voll Jahrhundert,
Staunend sieht man und verwundert
Diese beinah zauberische
Blühend jünglinghafte Frische.

Und ich möchte beinah meinen
Und es will mir beinah scheinen,
Dass Strateg im allgemeinen
‘ne gesunde Sache wäre,
Seh ich alte Militäre

Kerngesund und kerzengrade
Springlebendig bei Parade
Sich ‘ne stramme Haltung geben
Und im grauen Alltagsleben

Unverwüstlich, nicht zu beugen,
Sich beinah als Kriegsgott zeigen,
Seh ich sie mit vollen Kräften
Widmen sich den Staatsgeschäften

Alte, ewig junge Recken,
Wie Paul Hindenburg-Benecken-
dorf[f], der große Präsidente,
Mach ich meine Komplimente.

Auch Petain ist unverwüstlich
Wenn er auch vor kurzem schließlich
Unfreiwillig seine Rolle
Abtrat an Monsieur de Gaulle.

Steht das Wasser an der Kehle
Nimmt man alte Generäle,
Macht von ihnen Staatsfiguren,
Und dreht seine krummen Touren,
Wird durch solch Methusaleme
Meister aller Zeitprobleme

Und doch scheint den Generälen
Heute irgendwas zu fehlen
Heute finden sie nicht mehr den
Dreh, um noch so alt zu werden.

Himmler rührt bloß einen Finger
Und der General stirbt jünger
Fritsch fiel irgendwo in Polen
Suchte man euch zu verkohlen

Doch man hat ihn kurz entschlossen
Meuchelmörderisch erschossen
Witzleben ward auf Verlangen
Heinrich Himmlers aufgehangen

Generäle sieht in Massen
Heute man das Leben lassen,
Teils durch Hitler, teils durch Bomben
Fallen sie in Hekatomben.

Lebten einst im Krieg sie friedlich
Ist es heute unterschiedlich,
Denn heut ist es nicht gemütlich
Steht man auch nicht selbst im Feuer
Fühlt man sich doch nicht geheuer,

Ja mir scheint, dass Generäle
Heute der Gedenke quäle
Dass man dank Gestapowaltern
Keine Aussicht hat zu altern.

Transcription: Thilo von Debschitz