„Gespräch mit Benesch“

Zur Einführung

Laut einer Pressenotiz vom 21. Juli 1944 informierte Reichsmarschall Hermann Göring die deutsche Luftwaffe über das misslungene Bombenattentat auf Adolf Hitler. Eine Gruppe von Wehrmachtsoffizieren hatte mit dem Mord des Führers einen politischen Umsturz und die Beendigung des Krieges erzwingen wollen. Göring beschrieb die Attentäter als armselig, feige und führungsschwach, aber Curt Bloch fragte sich: Wer hat Recht? Die militärisch gebildeten, erfahrenen und Hitlers „Wahnsinnskrieg“ verurteilenden Generäle? Oder Adolf Hitler – ein „schlechter Maler“, „eitler Prahler“ und dilettantischer Staatsführer?

In seinem Gedicht Pferdesport verboten reflektiert Curt Bloch die Meldung, dass in Folge des „totalen Krieges“ in Deutschland alle Pferderennen verboten seien. Es sei wohl gerade keine Zeit für „bunte Jockeyvergnügen“, da alle Kraft für die Kriegsindustrie benötigt werde. Tatsächlich mussten allein für den Krieg gegen die Sowjetunion 750.000 Pferde bereitgestellt werden. Aber, schreibt Bloch, Pferderennen seien ohnehin überflüssig geworden – man könne ja nun dem deutschen Heer beim Rennen zusehen, denn das Reich habe „den Krieg ,verzockt‘“.

Mit unverhohlener Freude beobachtete Curt Bloch das unaufhaltsame Vorrücken der Alliierten in Frankreich. Ein Zeitungsausschnitt meldete eine „operative Bewegungsschlacht“, ähnlich der, die bereits 1940 zum Sieg über Frankreich geführt habe. Doch in seinem Gedicht Westfrontperspektive nennt Bloch all die französischen Gebiete, aus denen die „Yankees“ die deutschen Besatzer bereits verjagt hätten. Entgegen den Propagandalügen vom „Göbbelswicht“ falle nun eine deutsche Festung nach der anderen, und „binnen kurzem fällt Paris“.

Der gescheiterte Mordanschlag auf Hitler beschäftigte Curt Bloch so sehr, dass er diesem Ereignis noch ein zweites Gedicht dieser Ausgabe widmete. Obwohl Gerüchte kursierten, dass der Führer tot sei, musste Bloch feststellen: Es ist leider nicht so. Ein Propagandafoto zeigt den Führer quicklebendig am Krankenbett zweier Gefolgsleute, die von der für ihn bestimmten Bombe schwer verletzt wurden. Bloch bekennt freimütig, dass er sich über Hitlers Tod gefreut hätte, denn dann wäre er zufrieden, „und der Krieg wäre vorbei“.

Curt Blochs Gedicht Gespräch mit Benesch ist ein imaginiertes Interview mit dem tschechischen Staatspräsidenten Edvard Beneš (1884–1948) in dessen Londoner Exil. Unter dem Pseudonym Breedenbeek (niederländische Übersetzung von Breitenbach, dem Geburtsort seines Vaters) befragt Bloch Beneš zur Lage der deutsch besetzten Tschechoslowakei. Beide sind sich einig, dass die Russen die Nazifunktionäre sehr bald aus Prag vertreiben werden. Sobald „die Luft gereinigt“ ist, möchte Beneš gemeinsam mit dem russischen Staatschef Josef Stalin und dem britischen Außenminister Anthony Eden für „eine neue Zeit“ und „Dauerfrieden“ sorgen.

Auch in Curt Blochs Schlager Der General Guderian geht es um das Heranrücken der Roten Armee. Zentrale Figur des Liedes ist Hitlers Generaloberst Heinz Guderian (1888–1954). Er behauptete, die „bolschewistischen Eindringlinge“ aus allen besetzten Gebieten vertreiben zu können. Obwohl laut Bloch alle wussten, „der Moffen Schicksal ist besiegelt“, sage Guderian fanatisch „NEIN!!!“ Hitler lebe doch nicht hinter dem Mond, „bald gehen wir wieder voran!“ Im Schlussrefrain prophezeit Bloch ihm kühl: „Hitler geht kurz und klein.“