2. Jahrgang, Nr. 9

Zur Einführung

Im Gedicht Ein Weg zurück kommentiert Curt Bloch die Reise, die deutsche Landwirte mit ihren Familien aus den „Ostlandkolonien“ – z. B. der Ukraine – ins Reichsgebiet antreten müssen. Denn aufgrund der russischen Erfolge verschiebt sich die Frontlinie immer weiter in den Westen, der deutsche „Lebensraum“ müsse evakuiert werden. Allerdings habe man im „unbekannten Vaterland“ keine Verwendung für die große Menge an Geflüchteten und setze sie als einfache Landarbeiter ein. Die Rückholung sei daher keine Befreiungstat, die Menschen würden stattdessen als Sklaven missbraucht.

Einen Blick nach Spanien wirft Bloch im Gedicht Piloten-Schokolade?. Auf der iberischen Halbinsel litten viele Bewohner der Küstenregion an Schlaflosigkeit, heißt es in einem Pressebericht; als Grund wird der Verzehr einer besonderen Schokolade angegeben, die für Piloten auf langen Erkundungsflügen gedacht war. Curt Bloch bezweifelt diese offizielle Erklärung und vermutet einen anderen Auslöser für die beschriebenen Schlafstörungen: Jetzt, da Hitler besiegt werde, stünden auch dem faschistischem Land und Hitler-Freund Francisco Franco (1892–1975) unruhige Zeiten bevor. Der spanische Diktator „spürt, wie die Vergeltung näher rückt, und das hat ihm den Schlaf geraubt.“

Das Titelbild dieser OWC-Ausgabe zeigt einen Motivwagen des Münchner Faschings aus dem Jahr 1938 mit einer „Witz-Zelle“ auf einem Motivwagen. Diese schalldichte Kammer als Schutzraum für die Erzählung von Naziwitzen hält Curt Bloch für eine gute Erfindung. Denn würde man sich öffentlich über die nationalsozialistische Führung lustig machen, lande man auf direktem Wege im Gefängnis. Das Hakenkreuz-Regime könne keinen Scherz vertragen. Aus diesem Grund „witzelt man nur sehr intim“ (so wie dies Curt Bloch schon seit August 1943 in seinen geheimen Magazinen zu tun pflegt). Doch in München fände heute kein Fasching mehr statt, man sei sehr ernst geworden. Grund ist der „Besuch der Briten“: Die Stadt wurde bei Bombenangriffen der Royal Air Force im Jahr 1944 schwer getroffen, den Münchnern sei die Lust am Krieg vergangen. Bloch weiß: „Gründlich gedreht hat sich der Wind.“ Nach der Zeit der Witze würde nun der blutige Ernst beginnen. – Auf der Detailseite kann man das Gedicht auch hören, eingesprochen vom Schauspieler Raphael Dwinger.