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Titelseite / Einführung Inhaltsverzeichnis

Doktor Göbbels’ Mummenschanz

Dr. Goebbels zum Jahr 1943
Während im Osten erbittert gekämpft wird, veröffentlicht Reichsminister Dr. Goebbels in „Das Reich“ eine nüchterne Diagnose der Entwicklung im Jahr 1943. Überall, so stellt er fest, hat Deutschland seine wichtigsten wirtschaftlichen und militärischen Positionen halten können, und in London und Washington gibt man offen zu, dass die Alliierten nur einen sehr kleinen Teil ihrer großen Pläne für das Jahr 1943 umsetzen konnten. In dieser Hinsicht kann Deutschland also mit dem Verlauf des Kriegsjahres zufrieden sein. Das vergangene Jahr brachte den Deutschen zwar nicht das, was sie erwarteten, aber den Feinden noch viel weniger.
Der deutsche Propagandaminister beschäftigt sich dann mit der englisch-amerikanischen Bluff-Agitationskampagne, mit der in einem bestimmten Teil der Welt der Eindruck erweckt wurde, dass der Sieg der Alliierten eine ausgemachte Sache ist, über die nicht mehr diskutiert werden muss. Man entwirft und propagiert Vernichtungsprogramme gegen Deutschland und das deutsche Volk, als stünde man bereits in Berlin. In Wirklichkeit wird jedoch immer noch um das kleinste Stück Geländegewinn vor Rom gekämpft. In diesem Zusammenhang geht Dr. Goebbels auch näher auf das Thema der sogenannten Kriegsverbrecher ein, das in der englisch-amerikanischen Agitation eine große Rolle spielt. Er stellt fest, dass Roosevelt und Churchill, die die Schuld an diesem Krieg tragen, die Angegriffenen als die Schuldigen darstellen. Die deutsche Situation im Hinblick auf die alliierte Kriegsverbrecher-Propaganda beschreibt der Minister mit den Worten: „Wir spielen gegenüber unseren Feinden die Rolle der Polizei, die eine Gangsterbande unschädlich machen muss. Dass die Gangster die Polizei hassen, hängt mit ihrem Beruf zusammen.“ In Wirklichkeit gibt es kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kultur und Zivilisation, das unsere Feinde in diesem Krieg nicht begangen haben. Der Minister erinnert an die Hungersnot in Indien, die Morde an Frauen und Kindern im Luftkrieg und die Zerstörung ehrwürdigen Kulturerbes auf dem Kontinent.
Abschließend nennt Dr. Goebbels das Jahr 1944 das gefährlichste Jahr, in dem das Schicksal der zivilisierten Menschheit auf dem Spiel stehen wird. Es birgt noch zahlreiche Rätsel, aber man weiß in Deutschland, dass man all diese Rätsel lösen kann und muss. – 31/12

Hab manchmal ich in dieser Zeit
In Trübsal mich verloren
Dann stimmt es mich zur Heiterkeit,
Wie Göbbels unverfroren

Die Wahrheit umdreht und entstellt
Und weiß zu retuschieren,
Das größte Lügenmaul der Welt
Weiß mich zu amüsieren.

Herr Göbbels ist Komparativ
Zum seligen Münchhausen,
Ja, ich behaupte positiv
Der deutschen Hirne Flausen

Sie wurden von ihm produziert
Nun in so manchen Jahren
Und in den Kopf euch okuliert
Mit Radio und Fanfaren.

Doch ach, der Träume Krug zerbrach
Und ihr habt einen Kater
Und denkt vielleicht auch etwas nach
Über den Lügenvater.

Und wie einen Kokaïnist
Man stets im Rausch muss halten
So gaukelt der Illusionist
Euch neue Truggestalten

Und neue Bilder vor den Geist,
Weiß alles zu verdrehen,
Ein Lügenfaden, der nie reißt,
Possierlich anzusehen.

Es bringt der Freiheitsonne Glut
Das Nazieis zum Schmelzen
Dem Hakenkreuz geht es nicht gut,
Göbbels sucht abzuwälzen

Und jede Lüge, die er sprach
Fand stets in Deutschland Glauben
Und war ein Schwindel noch so schwach,
Er durft ihn sich erlauben

Die Frage wird nun aktuell,
Wer Schuld am Kriege trüge
Und Göbbels konstruierte schnell
Die neue Kriegsschuldlüge.

Er dreht den Spieß ganz einfach um
Sehr geistesgegenwärtig
Sieh da, mein deutsches Publikum,
Herr Göbbels ist schon fertig.

Wir waren ruhig, waren still
Und wollten nur den Frieden
Doch, da der böse Feind nicht will,
War es uns nicht beschieden

Man überfiel uns schnöd und feig
Und jetzt wagt man zu sagen
Dass Hitler und das Dritte Reich
Die Schuld am Kriege tragen.

In Wirklichkeit erfüllen wir
Weltpolizeifunktionen,
Ja, liebe Leute, glaubt es mir,
Der Stern, den wir bewohnen

Er wird von uns beschirmt, beschützt
Gegen ’ne Schar Banditen,
Gewalttätig-gemein-verschmitzt
Die Yankees und die Briten.

Sie sind blutdürstig und brutal
Und diebisch wie die Raben
Und groß ist der Verbrechen Zahl,
Die sie begangen haben.

So zeichnet er uns ein Porträt
Der bösen Feindregierer,
Mir ist’s als ob ein Bild ich säh
Von Adolf, Deutschlands Führer.

Der Gangsterkönig dieser Welt
Mit der Verbrecherkrone,
Der uns in Angst und Schrecken hält
Ein Super-Al Capone

Er spielt sich auf als Biedermann
Und als der Ordnung Hüter,
Der ganz allein beschirmen kann
Der Welt heiligste Güter

Wie oftmals beim Apachenball
Der harmlos stille Bürger
Erscheint als krimineller Fall,
Als Räuber und als Würger

So zeigen sich hier umgekehrt
Die Mörder und Banditen
Auf einem sittlich hohen Pferd
Als Wächter edler Sitten.

Die Gangster spielen Polizist,
Die Wölfe mimen Schafe
Und Michel, der Kokaïnist
Glaubt es in seinem Schlafe.

Er hat durch Göbbels Wort und Schrift
Das Denken schier vergessen
Berauschend Propagandagift
Hat ihm das Hirn zerfressen.

Und Joseph will mit Lügenschwall
Die Wahrheit schlau verbrämen
Doch mancher sieht’s ist Karneval,
Und drum nicht ernst zunehmen

Man fühlt, die Menschheit ficht sich frei
Frei werden alle Lande,
Nicht lange währts, dann ist’s vorbei
Mit der Verbrecherbande.

Transkription: Thilo von Debschitz