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Titelseite / Einführung Inhaltsverzeichnis

Unterricht bei Lehrer Seyß

(Zur Umschlagmontage)

Freund Hitler sagte: Seyß-Inquart
Dürft gut zu Holland passen,
Zum Dank für seine treue Art
Werd ich’s ihm überlassen.

Und er benannte den Herrn Seyß
Zum Kommissar des Reiches.
Dafür verdient er einen Preis,
Denn er räumt auf und weiß es.

Der einst verraten Heim und Herd,
Durft Holland nun bekehren,
Auch wenn das Land sich noch so wehrt
Gegen Nazilehren.

Das Ländchen an der Zuidersee,
Von Flüssen reich durchschnitten,
Hat seit vier Jahren Not und Weh
Und manches Leid erlitten.

Seyß-Inquart kam mit dem Verheiß
Der Naziwissenschaften,
Wir alle haben unter Seyß
So manches zu verkraften.

Wir hörten alle seine Mär
Von diesen neuen Zeiten,
Und uns war klar, es wird noch schwer
Mit Seyß und seinen Leuten.

Ein Brudervolk wär’n wir für ihn,
Wollt, dass wir’s auch so sähen,
Hat Deutschlands Kraft mit Macht beschrien,
Die jetzt die Welt lässt drehen.

Wir folgten, nicht mal abgeneigt,
Seyß-Inquarts Theorien,
Die Praxis hat jedoch gezeigt:
Es waren Phantasien.

Der Lehrer Seyß hat viel erzählt,
Die Wahrheit oft verbogen,
Und das, was er uns vorgestellt,
War ebenfalls gelogen.

Seyß-Inquart hat uns viel gelehrt,
Was wir nicht lernen sollten,
Doch mit den Moffen lief’s verkehrt,
Auch wenn sie’s anders wollten.

Der Herr Seyß-Inquart hat getönt
In schönen, süßen Worten,
Doch seine Macht, sie wird gekrönt
Von Frevel, Tod, Transporten.

Der Wohlstand wurd uns prophezeit,
Doch Armut ist gekommen,
Man nahm uns Ehr, man bracht uns Leid,
Hat unser Blut genommen.

Zahllose Menschen abgeführt,
Misshandlung, Katastrophen,
Die neue Zeit bringt, wie man spürt,
KZ und Gas und Ofen.

’S war eine Schule für Verrat,
Für Unrecht und Verbrechen,
An deren Kopf Seyß-Inquart trat,
Man wird sich an ihm rächen.

Nur Mussert, Rost und Max Blokzijl
Samt Kollaborateuren,
Studierten bei ihm und derweil
Sollt er das Land zerstören.

Das haben sie von ihm gelernt:
Landesverrat diktieren,
Examen war nicht weit entfernt,
Dann ging’s ans Promovieren.

Was Seyß einst tat in Österreich,
Tun sie jetzt hierzulande.
Der Naziabschaum, dies Gelaich
Bedeckt sich reich mit Schande.

Sie glaubten Seyß und dem Bla-Bla,
Dienten ihm voll Verzückung
Und schworen bei der Swastika
Die Treu zur Unterdrückung.

Sie gingen bei Seyß in die Lehr
Lobhudelten, als seien
Sie nicht Verräter ohne Ehr,
Dabei war’n sie Lakaien.

Doch Lernen war auch uns vergönnt,
Wenngleich aus Not geboren,
Dass mal der Wind sich drehen könnt
Zum Leid der Diktatoren.

Die Schulmannschaft von früh bis spät
Muss fürchten um ihr Leben,
Denn die Verbrecherfakultät
Wird man nun bald aufheben.

Man weiß trotz ihres Wutgeschreis,
Versagt hat die Methode,
Die Mussert-Clique mitsamt Seyß,
Sie sind geweiht dem Tode.

Literarische Übersetzung: Gerd Busse

Mit freundlicher Genehmigung der Aufbau Verlage GmbH & Co. KG, Berlin; die Arbeit der Übersetzer wurde gefördert von der niederländischen Stiftung für Literatur.