2. Jahrgang, Nr. 25, Seite 17
2. Jahrgang, Nr. 25, Seite 18

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Haltet durch!

Unterdessen dauert das Warten auf die Invasion an, und auch in Berlin äußern militärische Kreise die Erwartung, dass die gestern von uns besprochene Passage im Wetterbericht vom 13. Mai ein Hinweis darauf ist, dass der Kampf um Westeuropa jeden Moment beginnen kann. Also abwarten. Die Wetterbedingungen dürften in den kommenden Tagen wahrscheinlich günstig sein, die hohe Flut begünstigt Operationen an flachen Stränden, und die Nächte sind lang und ohne Mondlicht. – 16-5-44

Das Ausbleiben der Invasion hat in deutschen Militärkreisen nun zur Überzeugung geführt, dass die große Attacke auf Mitteleuropa vorerst verschoben wurde. Man erwartete die Invasion gegen Mitte Mai. Da sie nicht gekommen ist, wird die Verschiebung wahrscheinlich einige Wochen dauern. Über die Gründe für diese Verschiebung kann man nur spekulieren, ebenso wie über das Ausbleiben der Offensive im Osten, für die die sowjetisch-russische Militärführung, wie anzunehmen ist, in Absprache mit England und Amerika innerhalb kurzer Zeit die Vorbereitungen abgeschlossen hat, offensichtlich mit dem Ziel, bereit zu sein, wenn der Kampf im Westen ausbrechen würde. Aufgrund des Mondstandes und der damit verbundenen Gezeitenveränderungen ist es unwahrscheinlich, dass Landungsversuche vor Mitte Juni unternommen werden, es sei denn, der Beginn der großen alliierten Offensive wurde auf einen noch späteren Zeitpunkt verschoben. In der Zwischenzeit hat sich der Luftangriff der Alliierten auf ein beispielloses Maß intensiviert, um, wie in Berlin erklärt wird, die verschobene Invasion zu ersetzen. Andererseits fragt man sich in Berlin, warum, wenn die Invasion verschoben ist, die Bombardements in Nordfrankreich und Belgien in so großem Umfang fortgesetzt werden. Nervenkrieg? Wenn das der Fall ist, nimmt dies ebenso tragische wie lächerliche Ausmaße an, angesichts der großen Zahl von Opfern. – 31-5-44

Ich finde, die Dritte-Reichs-Propheten,
Die tun ständig so, als ob
Sie die Zukunft ganz genau kennen,
Vielleicht glaubt ihnen das noch ein Mof.

Wir können über ihre Vorhersagen nur lachen,
Denn sie sind nie eingetroffen,
Sie haben schon so viele Behauptungen aufgestellt,
Die sich danach als falsch erwiesen haben.

Sie wussten im Voraus,
– denn sie sind so gut informiert –,
dass die Invasion definitiv
Um Mitte Mai stattfinden würde.

„Und wir werden sie großartig empfangen
Mit einem wirkungsvollen Willkommenslied“,
Sie hatten fest damit gerechnet,
Doch Eisenhower kam einfach nicht.

Und danach war man der Meinung
Und wusste es ganz sicher:
Nun kommen sie nicht vor Mitte Juni
Und … hat sich wieder geirrt.

Der Feind kümmert sich nicht um Prognosen,
Die man aus Berlin verkündet,
Er selbst hat den Moment genutzt
Und einen anderen Zeitpunkt gewählt.

Und in den Städten und Dörfern
Gewinnt man Vertrauen und Mut zurück,
Man weiß: Die Würfel sind gefallen.
Und man erwartet: Jetzt wird es gut.

Dies ist der Tag unserer Träume,
Wir schöpfen wieder neue Kraft,
Denn bald nun wird die Freiheit kommen.
Haltet durch! Zum Ende eilt die Nacht.