3. Jahrgang, Nr. 12

Zum Inhalt:

Das niederländische Gedicht „Voor de eindspurt“ (Für den Endspurt) beschäftigt sich mit dem aus Curt Blochs Sicht guten Verlauf der Kriegshandlungen. Die britischen Truppen seien nun schon so weit vorgerückt, dass man „der Freiheit Morgenluft“ wittere. Demnächst sei die Gefangenschaft zu Ende, die Arbeit als Poet im Widerstand könne dann abgeschlossen werden. „Niemand ist traurig“, schreibt Bloch, „wenn das OWC verschwinden muss“.

Im deutschen Gedicht „Nazi-Alternative“ sagt Curt Bloch den Untergang der Deutschen voraus. Deutschland sei „ausgefranst und sehr zerrissen“ wie eine alte Hose, die Städte lägen in Schutt, die „einstige Ekstase“ sei vorbei und jegliche Hoffnung verloren. Nun blieben den Nazis und ihren Bonzen nur noch zwei Alternativen: sich selbst umzubringen oder auf den Henker zu warten. „Wer die Wahl hat, hat die Qual.“

Bei der Erstellung seines niederländischen Textes „In Memoriam Rauter †“ ging Curt Bloch offensichtlich davon aus, dass Hanns Albin Rauter (1895–1949) bei einem Attentat ums Leben gekommen sei. Der Generalkommissar in den Niederlanden geriet am Abend des 6. März 1945 zwischen Arnhem und Apeldoorn in ein Feuergefecht mit sechs Angehörigen des Widerstands. Rauters Adjudant und sein Chauffeur wurden tödlich getroffen, Rauter selbst – der sich totgestellt hatte – wurde schwer verwundet. Doch er überlebte das Attentat – was Bloch zum Zeitpunkt, zu dem er diesen satirischen Nachruf auf „Heinrich Himmlers Strohmann“ schrieb, nicht wusste. (Hanns Albin Rauter wurde nach dem Krieg zum Tode verurteilt und hingerichtet.)

Im deutschen Gedicht „Des Führers Mutter“ findet Curt Bloch sehr unschöne Bezeichnungen für die Frau, die Adolf Hitler zur Welt gebracht hat: „Höllenbesen“, „Teufelsweib“, „grausig-gruseliger Drache“. In seinem Vers vermutet er, dass es sich bei Hitlers Mutter um eine Marktschreierin gehandelt haben müsse. Sie habe ihre Waren am Marktplatz zu Braunau mit Lügengeschichten schöngeredet und sich so einen großen Kundenkreis erschlossen. Der junge Adolf habe sich dieses Verhalten bei ihr abgeschaut. Doch die Methoden der Mutter flogen irgendwann auf, sie ging pleite. Ebenso würde man nun auch Adolf Hitler den Rücken kehren, wenngleich er noch so sehr schreit.

In einem Zeitungsausschnitt vom 24. Februar 1945 ist von einer Erklärung von Joseph Goebbels an die Jugend zu lesen. Der deutsche Reichspropagandaminister behauptet darin, Deutschland werde im Jahr 2000 „Träger der europäischen Kultur“ sein. Dies inspiriert Curt Bloch zum niederländischen Gedicht „Die Bellamy-Imitation“. Goebbels würde die hoffnungslose Situation in Deutschland ausblenden und die Öffentlichkeit durch die Lügengeschichte von einer glorreichen Zukunft erneut zu täuschen versuchen. Der Titel des Gedichts bezieht sich auf eine Figur im Roman „Der grüne Bogenschütze“ von Edgar Wallace, der in den 1920er Jahren erschien und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Darin verstrickt sich der Geschäftsmann Abel Bellamy in zahlreiche Falschaussagen, bis er schließlich getötet wird. – Anderthalb Monate nach Erscheinen dieser OWC-Ausgabe beging Joseph Goebbels im Angesicht der herannahenden russischen Armee und der deutschen Kapitulation Selbstmord, einen Tag nach dem Suizid Adolf Hitlers am 30. April 1945.