Invasionsaussichten.
Dr. Goebbels‘ Artikel in „Das Reich“.
Das Scheitern der Invasion würde eine vollständige Veränderung des allgemeinen Kriegsbildes zugunsten unserer Seite bewirken. Dies ist die interessante These, die Dr. Goebbels in seinem jüngsten Artikel entwickelt, der wahrscheinlich nicht ohne Grund früher als üblich der Presse zur Verfügung gestellt wurde. Schon allein aufgrund des Zeitpunkts und des Themas verdient dieser Artikel besondere Aufmerksamkeit. Es darf jedoch auch nicht übersehen werden, dass die Invasionssicht des deutschen Ministers sich ausdrücklich auf England richtet, ein Umstand, der in der aktuellen politischen, diplomatischen und publizistischen Atmosphäre seine Bedeutung hat.
Großbritannien ist sich schon lange bewusst, dass die Invasion das riskanteste Abenteuer ist, das die britisch-amerikanische Kriegsführung auf sich nehmen kann. England und die Vereinigten Staaten setzen mit einer Invasion alles auf eine Karte und werden den Krieg sehr schnell verlieren, wenn diese Karte sich als die falsche erweist. Deutschland hat dies in seinen Berechnungen über den weiteren Verlauf des Krieges natürlich berücksichtigt. Diese Formulierung von Dr. Goebbels gibt zweifellos Einblick in eines der wichtigsten Prinzipien der deutschen militärischen und politischen Strategie. Dr. Goebbels erkennt an, dass „der Krieg seinem kritischen Höhepunkt der Entscheidung entgegengeht. Eine derart günstige Gelegenheit, dem Krieg eine entscheidende Wende zu geben, werden wir nie wieder bekommen. Wir haben alles Mögliche getan, um die Gegenseite völlig zu desillusionieren und das Kartenhaus ihres sogenannten sicheren Sieges zum Einsturz zu bringen.“ Deutlicher kann die deutsche Erwartung bezüglich der entscheidenden Wende, die dem Krieg an der Invasionsfront gegeben werden muss, kaum formuliert werden. Der deutsche Minister erklärt abschließend, dass England gerne den Schritt zurück in die Augusttage von 1939 machen würde, wenn es dazu in der Lage wäre. – 22-1 44
Je schlechter ihre Position,
Je schwerer ist’s zu lügen,
Doch Göbbels denkt, er werde schon
Den Ansprüchen genügen.
Manch Mittel hat er schon gebraucht
Und hunderttausend Kniffe,
Damit des Volkes Wut verrraucht,
Umsegelt er die Riffe.
Er manövriert und er laviert,
Weicht aus vor mancher Klippe,
Das deutsche Volk wird dirigiert
Vom Steuer seiner Lippe.
Ja wirklich, Göbbels ist Matros’
Muss lenken und muss steuern,
Mit Deutschland geht es ganz famos
Muss täglich er beteuern.
Trotz seines Eids und seines Schwurs
Erkennen mehr nun täglich,
Der oft gerühmte Hitlerkurs
Scheitert und strandet kläglich.
Halb Deutschland ist nun bald kaputt,
Ob Preußen, Sachsen, Bayern,
Sie sehen alle den Bankerutt,
Er ist nicht zu verschleiern.
Es ist die Industrie der Ruhr
Ein Trümmerfeld geworden
In Russland geht’s noch stets retour
Im Süden und im Norden
Und nun droht bald die Invasion
Von Großbritanniens Inseln,
Sehr bange sind die Nazis schon
Und müssten eigentlich winseln
Die Invasion bringt ihnen Tod
Und bringt ihnen Verderben,
Die Schuldigen an dieser Not,
Die Nazis müssen sterben.
Das Nazischiff wird gnadenlos
Dem Abgrund zugetrieben
Und Doktor Göbbels, der Matros,
Sucht es noch zu verschieben.
Er singt sein Propagandalied
Gleich alten Rattenfängern
Und denkt, ich kann, wenn das noch zieht,
Die Reise was verlängern.
Er lässt das deutsche Narrenschiff
Im Zickzackkurse fahren
Und diesen wunderbaren Kniff
Gebraucht er schon seit Jahren.
Und hätt’ Adolf, der Kapitän
Nicht Joseph Göbbels Dichtung,
Dann würde Deutschland deutlich sehn
Des Hitlerkurses Richtung,
Durch den es nun schon jahrelang
Wird in den Tod gesteuert
Ja, Hitler weiß dem Himmler Dank,
Der Göbbels angeheuert.
Der Göbbels ist schon etwas wert,
Der weiß die Fahrt zu recken,
Der fährt nicht gerade, nein er fährt
In Winkeln und in Ecken.
Und fährt sehr häufig auch im Kreis
Und krumm und niemals gerade,
Der macht dem Volke alles weis.
Mit Dunst und Nebelschwade.
Er bringt ’ne neue Illusion
Um das Regime zu stützen,
Behauptet frech, die Invasion
Würde den Nazis nützen.
Wenn man sich nur sehr kräftig wehrt,
Wird die Misere enden,
Dann kommt der Sieg, den man begehrt,
Das Schicksal wird sich wenden.
Dann sieht’s auf einmal anders aus
Als wie die Britten denken,
Zusammen stürzt ihr Kartenhaus,
Lasst nur die Führung lenken
Und tut nur tapfer eure Pflicht
Und gebt uns das Vertrauen,
So fahren wir durch Nacht zum Licht,
Zum Sieg durch Tod und Grauen.
Der Kapitän weiß, was er will,
Er steht auf seiner Brücke,
Der Führer, unverzagt und still
Trotzt er des Schicksals Tücke.
Er ist, was auch da mag geschehn
Nicht aus der Ruh zu bringen,
Mit einem solchen Kapitän
Muss unsere Fahrt gelingen.
Und Adolf Hitler steht an Bord,
Ein Seemann ohnegleichen
Und kann trotz allem Massenmord
Sein Ziel doch nicht erreichen
Er weiß, es geht dem Abgrund zu,
Doch darf’s dem Volk nicht zeigen,
Zu Ende wär es mit der Ruh,
Würd’ man es nicht verschweigen.
Zum Abgrund fährt das deutsche Boot,
Doch das weiß nur die Leitung
Und lügt, vorbei ging schnell die Not
Und sei nicht von Bedeutung.
Mit Lügen wird das Volk gestärkt
Und sucht man’s aufzuheitern,
Doch wenn es den Betrug erst merkt
Dann wird es wohl bald meutern,
Dann ist man nicht mehr hitlertreu
Wie in vergangnen Jahren,
Man lässt die Führung mit Ahoi!
Schleunigst zur Hölle fahren.
Transcriptie: Thilo von Debschitz